Das Arditti Quartett.
Vorweg: Dieses Konzert war das Beste oder Zweitbeste Konzert, das ich je erlebt habe. Es fing gleich genial an, mit dem Streichquartett op. 3 Alban Bergs. Und es war wieder einmal überraschend, welche modernen Techniken Berg damals – 1910! – schon verwendet hat. Man hat gemerkt, das sich die Ardittis viel Mühe mit den Stücken gegeben haben. Auch das übrige Publikum war wohl dieser Meinung und hat begeistert applaudiert.
Das Streichquartett Nr. 13 von Wolfgang Rihm war das längste Stück des Abends, ein wirklich gutes Stück mit interessanten Motiven und Entwicklungen. Einige Passagen waren sehr offensichtlich, sodaß man dachte „okay, das ist jetzt relativ simpel aufgebaut die Stelle.“ Andere Passagen waren aber wieder total kompliziert und krass. Eine nicht lange dauernde Stelle war absichtlich vollkommen tonal: Man kommt aus dem nicht-tonalen raum, in dem das tonale etwas entferntes und vergangenes ist – und plötzlich kommt das wieder, in diesem Stück, und wirkt ganz anders! Sehr prägnant und als heftiger Kontrast. Null langweilig und null ätzend, auch dadurch das es so exponiert gebracht wurde, und auch gut gespielt. Das war mal sinnvolle Tonalität, Geschmackvoll dazu. Man sehnte sich aber auch gleichzeitig danach, das es die Tonalität endet und es wieder krass wird – und das wurde es dann auch wieder! Das Ende des Quartetts brachte, an den Schluss des Bergschen Streichquartetts erinnernd, stark dissonante Mehrklänge in einer Art Pattern geschlagen (einige Leute im Publikum sahen etwas geschockt aus), und nach einer Art Miniatur endete das Stück in leisen Obertönen. Alles in allem eine sehr intelligente Tonsprache. Der Applaus war tobend.
Das Streichquartett Nr. 6 von James Dillon war superkrass und richtig heftig mikrotonal. Was ich super geil fand waren Stellen, wo ein Motiv, welches auch aus einem Stück der 2. Wiener Schule stammen könne, so voll mikrotonal wegsackte, und sich irgendwie nach unten verdrehte, und dadurch noch viel geiler und viel trauriger (aber auch aufbrausend) wurde, und mit noch viel mehr Ausdruck darin. Oder wenn ein Ton im Glissando abrutscht und anhält, und die anderen kommen mit, und spiegeln wieder, was vorher war. Auch einige heftige Ausbrüche gab es zu geniessen.
Aber dann kam das 2. Streichquartett „Tetras“ von Iannis Xenakis. Und es wurde so richtig krass. Nichts mehr, das an irgendetwas früheres erinnert. Nur noch rein komplett neues Zeug. Null etwas, das mit früher zu tun hätte. Es war einfach nur total Geil. Die Kratzer am Steg und ähnliche Geräusche fanden leider einige Leute im Publikum lachhaft (es haben tatsächlich welche gelacht), aber als dämonische, helle Flageoletts darüber gelegt wurden, machte es plötzlich Sinn. Alles war unglaublich, total krass, man hatte kaum Möglichkeit sich auf die Harmonik zu konzentrieren. Die Ardittis haben das Stück offensichtlich sehr genossen und sind beim spielen total heftig abgegangen. Jede Passage hätte länger dauern müssen, um sie noch weiter auszukosten, doch dann war sie schon weg. Man wollte nicht, das es je aufhört – jede Passage!!!
- Alban Berg: Streichquartett op. 3
- Wolfgang Rihm: Streichquartett Nr. 13
- James Dillon: Streichquartett Nr. 6
- Iannis Xenakis: Tetras
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